Damals schrieb ich: „Ein Mensch sucht seine Identität. Er fällt auf mancherlei Schwierigkeiten und schließlich stößt er auf die Tatsache, dass er als Ostbelgienmensch abhängig ist von den Flamen, Wallonen oder beiden zusammen.
Die augenblickliche Situation ist noch die vorteilhafteste, die er in seiner Geschichte kennt, denn um den Identitätsbegriff steht es schlecht bestellt in der Vergangenheit. Vor uns steht ein Mensch, der historisch nicht begrenzt ist, der jetzt und zukünftig lebt, weder männlich noch weiblich ist, der keinen Bestimmungsort hat und keiner Partei angehört. Einziges Erkennungszeichen ist die belgische Fahne, die ihn auf eine überflüssige Art und Weise dekoriert.
Da er meistens von Bauerneltern herstammte, ist sein Kopf durch ein Milchsieb dargestellt. Zweideutigkeit wird somit produziert, denn einerseits steht das Sieb symbolhaft da für denjenigen, der nicht mit seinem Kopf arbeitet, dem alles durchgeht, und der keine Zusammenhänge erfasst; andererseits steht dieses Sieb da für einen neuen Aufbruch, ein neues Bewusstsein, das im Kopfe des Ostbelgienmenschen entsteht, das gesteuert wird von Gedanken und Aktionen. Auch wenn der Kopf hellsichtig wird, nützt es nichts, wenn nicht darauf Mobilität und Identität steht.
Alles dreht sich um in der Magengegend, denn von dem linken Wallonen- und dem rechten Flamenlungenflügel ist kein sauerstoffdurchtränktes Blut zu erwarten. Deswegen kann die Kopie des oben erwähnten Filters auch nichts mehr durchsetzen, im Gegenteil, der Problemfilter wird zum Filterproblem. Auch der Ausweis bietet uns keine Rettungsinsel an, denn im Endeffekt bewegt sich unsere Identität auf einem schmalen Kulturtrottoir, auch die Beine gehen dorthin, wo die Farben der belgischen Fahne den Ostbelgienmenschen dressieren. Trotzdem, Glanz entsteht durch goldene Umrahmung des Ganzen.“
Bei mir bleibt eine Frage zu diesem Geschenk: Wie könnte ein „Ostbelgienfilter“ heute wohl aussehen?
Francis Feidler
Nidrum