Er tauchte in unseren elektronischen Geräten in zwei Wellen auf. Zunächst wurde das Bauteil ab 1955 in Reiseempfängern und Autoradios verbaut. Der Transistor hatte viele Vorteile gegenüber den vorher eingesetzten Röhren, die häufig noch parallel verbaut wurden. Er war kleiner, lebte länger, war unempfindlicher gegenüber Stößen, leichter und fraß weniger Strom. Die zweite Welle der Transistorisierung in der ersten Hälfte der 1960er Jahre verdrängte fast endgültig die Röhre aus dem Radio und trug dazu bei, dass sich die Miniaturisierung in fast jedem Gerät durchsetzte.
Musik und Radiosender waren von nun an nicht mehr an ein recht großes Gerät gebunden, das unbeweglich herumstand. Durch die neue Beweglichkeit des Empfängers wurde Musik zur Ausdrucksform. Jugendliche trafen sich bis dato in der Eifel vor allem in oft kirchlich organisierten Jugendgruppen oder im Dorf auf sogenannten „Eselsmärkten“, d. h. spontanen Treffpunkten. Ab den 1960er Jahren war dann auch schon mal die „Musik zum Mitnehmen“ mit dabei. Dies war aber zunächst eher vereinzelt der Fall: Die Batterien für die Geräte waren teuer und mäßig ergiebig. Über diesen Weg hielt auch der Rock’n’Roll langsam Einzug in den Alltag. Musik wurde über das Transistorradio Teil der Jugendkultur
Der Transistor veränderte auch die Art, wie wir hören. Da Musik von nun an überall verfügbar war, musste man ihr nicht mehr unbedingt angestrengt in einem abgeschlossenen Raum lauschen. Schnell konnte der Radioklang zum Hintergrundgeräusch werden. Wie beliebt die neuen, kleinen Radios auch bei uns waren, zeigt das Beispiel des Hubertusmarktes in Amel 1960. Bei der alljährlichen Verlosung wurden vier Hauptgewinne vergeben: „1 Zuchtrind, 1 Moped, 1 fettes Schwein, 1 Kofferradio“ (1).
Dieses Beispiel zeigt: Der technische Fortschritt beeinflusste Kultur und Alltag tiefgreifend. Der Transistor war dabei der erste Schritt zur Miniaturisierung der Technik. Doch er wurde schon bald durch Halbleiter verdrängt, die seit etwa 1985 Teil der Mikrosystemtechnik wurden. Ab den 1990er Jahren konnten Massengeräte beständig noch kleiner ausfallen.
Vitus Sproten
(1): Vgl. „Hl. Hubertusfest und Markt in Amel“, in Sankt Vither Zeitung, 29. Oktober 1960, S. 3. Auch online unter: http://arch93.arch.be:8180/531_Zeitungen/
Lesetipp: Andreas Fickers, Der „Transistor“ als technisches und kulturelles Phänomen: die Transistorisierung der Radio- und Fernsehempfänger in der deutschen Rundfunkindustrie 1955 bis 1965, Bassum 1998 (Aachener Beiträge zur Wissenschafts- und Technikgeschichte des 20. Jahrhunderts, Bd. 1).