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Ein Geschenk für Ostbelgien

Clara Viebig: Ein Geschenk von Alfred Rauw

22.11.2022
  • Labor
  • Ein Geschenk für Ostbelgien

Die Clara in den Augen der Kinder …

Ich möchte ein Bild schenken. Es ist ein Bild der Schulpatronin der Manderfelder Schule: Clara Viebig, die von 1860 bis 1952 lebte. Im Zuge der 150. Wiederkehr ihres Geburtstages hatte sich die Schulgemeinschaft ausführlicher als gewohnt mit ihr beschäftigt. Immerhin hatte die Eifeldichterin 1904 mit der naturalistischen Skizze „Auf dem Rosengarten“ erfolgreich um finanziellen Zuspruch für den Bau eines Krankenhauses in Manderfeld geworben.  Die Großgemeindeväter dankten es ihr im Herbst 1982, indem sie die neue Zentralschule offiziell nach ihr benannten.

Die Bildungslandschaft in diesem östlichsten Flecken Belgiens war vor den 1980er Jahren komplexer als heute.  Neben der Volksschule in Manderfeld bestanden noch weitere fünf Zwergschulen in umliegenden Ortschaften. Seit 1969 organisierte zudem der Staat im Gemeindehauptort eine eigene Unterrichtseinrichtung:  Eine lokale Form von Schulkampf war bald spürbar:  Zuerst gingen den umliegenden Kleinschulen die Schüler aus, dann plante die Großgemeinde Büllingen eine „Zentralschule“.

Um einen Schulfrieden bedacht, äußerte Schulschöffe Gerhard Palm 1982 den Wunsch, dass „die beiden bestehenden Schulsysteme in Manderfeld (Staatsschule und Gemeindeschule) sich langfristig einander annähern und in einer nicht allzu fernen Zukunft der Verantwortung der Gemeinde unterstellt werden“.

Eine Fusion wurde aber erst denkbar, nachdem die Deutschsprachige Gemeinschaft 1989 für das Unterrichtswesen zuständig wurde.  Die Zusammenlegung erfolgte 1991. So logisch und sinnvoll ein Zusammenwachsen, von dem, was zusammengehört ab dem Schuljahr 1991-92 auch war, der gelebte Schulalltag war nie einfach, die Schulfusion blieb ein lange Jahre dauerndes Experiment. Auf diesem Terrain fehlte es den Initiatoren nicht an Mut oder Weitsicht, aber an Erfahrung.

Immerhin gewährte und verlangte die großgewordene Clara-Viebig-Schule (CVS) Transparenz: nach außen hin den Blick auf eine pittoreske Eifellandschaft freigebend, im Innern Lehr- und Arbeitsräume in einseitig offenen Nischen. Wer hier lehren, lernen und arbeiten durfte, vereinbarte hausinterne Regeln des Zusammenlebens.

Die wohl entscheidende Probe aufs Exempel kam unverhofft. Als aus dem St. Elisabeth-Haus ein Empfangszentrum für Asylbewerber wurde. Die Gemeinde stattete darin Schulräume aus. Die ersten vier Kinder trafen Anfang Oktober 2001 ein.

Dass die Kinder der Manderfelder Empfangsklasse die Projekttage der Schulpatronin Clara Viebig in der Schulgemeinschaft miterlebten, war im Schuljahr 2010-11 längst Normalität. Damals entstand das Porträt der Schriftstellerin, das an dieser Stelle einen Platz haben darf.

Das durch die Rosengarten-Novelle 1904 intendierte Gebäude ist noch da. Das Rote Kreuz des Asylbewerberzentrums und die Lehrer der Clara-Viebig-Schule gestalteten seit fast 20 Jahren für weit mehr als 500 Flüchtlingskinder neue Lebenswege – auch in Ostbelgien.

Alfred Rauw

Mürringen